Produkt-Content-KPIs: Wie misst man den Wert von Produktbeschreibungen?
Lesezeit 5 mins | 18.11.2024 | Von: Adela Schneider
Produkttexte haben häufig keine Lobby im E-Commerce. Das Management oder die Geschäftleitung stufen sie doch eher als notwendiges Beiwerk ein – das dazu noch Kosten verursacht. Produkt Content geht im großen Geflecht von Preisfindung, Einkaufsstrategie, Marktanalyse und Marketing leicht unter. Das liegt nicht daran, dass er wenig wirksam ist, denn Produkttexte können ein sehr performantes Instrument im E-Commerce sein – vorausgesetzt die Qualität stimmt.
Wenn Produkttexte keine hohe Priorität haben, bleibt dem Content Team nur das möglichst schnelle Abarbeiten der anfallenden Texte, eine rasche Überarbeitung von vorhandenem Content – in vielen Fällen von den Anforderungen der Suchmaschinenoptimierung getrieben. Doch mit solcher wenig zielorientierten Arbeit besteht die Gefahr, dass die Qualität leidet, und damit die Wirksamkeit gebremst wird.
Den Optimierungszyklus in Gang bringen
Der erste Schritt aus dieser sich selbst verstärkenden Negativspirale besteht darin, den Erfolg von Produkttexten zu messen und mit den Ergebnissen dem Management den Wert von Produktinhalten aufzuzeigen. Die Messung gibt Hinweise darauf, wo der Produktcontent verbessert werden kann, was dann nachweislich zu besseren Ergebnissen führt - und damit einen positiven Optimierungskreislauf in Gang setzt.
Doch welche Indikatoren gibt es, anhand dessen man den Effekt des Produktcontent nachweisen kann? Und mit welchen Messungen kann das Content Team seine Arbeit und seine Optimierungsbemühungen sichtbar machen?
Unterschied zwischen Content-KPIs und allgemeinen Online-Shop-KPIs
Die meisten E-Commerce Unternehmen messen ihren Erfolg und bewerten die Performance des Shops anhand bestimmter Indikatoren. Kann man nun im Content Team diese Messwerte übernehmen und daraus auch die Textwirkung ableiten?
Auf den ersten Blick gibt es hier einige Überschneidungen bei der Messung, doch grundsätzlich gilt, dass allgemeine Online-Shop-KPIs und Content-KPIs unterschiedliche Zielsetzungen, Schwerpunkte und Analyseebenen haben: Shop-KPIs beleuchten die gesamte Customer Journey, vom ersten Kontakt bis zur Conversion und Kundenbindung. Die Content-KPIs hingegen konzentrieren sich spezifisch auf die Leistungsfähigkeit und Wirkung einzelner Textelemente.
Wirkung auf SEO
Die Performance im Rahmen der Suchmaschinenoptimierung ist ein wichtiger Aspekt bei der Bewertung der Content-Wirkung und wird in der Regel bereits vom SEO-Team ins Visier genommen, hier sind Messen und Analysieren Teil der Alltagsaufgaben. Aber auch für das Content Team sind die Ergebnisse in Hinsicht auf Content Qualität interessant.
SEO Indikator: Sichtbarkeit
Wie performen die entsprechenden Seiten für bestimmte Keywords? Werden sie auf der Google Ergebnisseite ausreichend häufig genug und auf guten Positionen angezeigt? Für die Performance der Seiten sind eine gute Content Strategie und ein ausgeklügeltes Keyword-Management ausschlaggebend – und beides wird via Text transportiert. Google spielt hier die Qualitätsprüfung und bewertet, ob dein Content zu den Suchanfragen passt und für den User nützlich ist.
SEO Indikator: Click-through Rate (organisch)
Gemessen wird hier, das Verhältnis von Impressions (also wie oft deine Seite in den Suchergebnissen angezeigt wird) zu der Zahl der Klicks auf dieses Ergebnis (also wie viele User von Google in den eigenen Shop kommen.
Wichtig hierbei ist natürlich die Position der Seite – der Content, der hier wirkt ist der SEO-spezifische Content, wie Title und Meta-descriptions.
Wie gut performt ein Text?
Wenn das Content Team eine Content Strategie entwickelt, können sie aus den wichtigsten Kommunikationszielen von Produkttexten oder ähnlichen Texten auf Filter-, Kategorie- und Produktdetailseiten, dann die Key-Indikatoren ableiten.
Im Vordergrund steht hier natürlich das Ziel, dass der Text zum Kauf führt (Conversion Rate). Allein die Conversion Rate als einzige Messgröße für die Textwirkung zu verwenden, greift dennoch in vielen Fällen zu kurz.
In den meisten Fällen ist das Kommunikationsziel von Produkttexten nicht alleine eine Kaufentscheidung, sondern vielmehr eine richtige Kaufentscheidung. Und hier gibt es eine Reihe von Indikatoren, die man für die Bewertung von Textwirkung hinzuziehen kann:
Conversionrate /Add to cart rate
Die Conversion Rate ist die Königszahl des E-Commerce – und auch hier spielen Produktbeschreibungen eine wichtige Rolle, sie sollen Besucher im Online-Shop über das Produkt informieren und ihn zum Kauf des Produkts bewegen. Machen die Texte ihre Aufgabe gut, wird sich das auch im Warenkorb und der Conversion widerspiegeln.
Die Conversion Rate ist allerdings in solchem Maße von unterschiedlichen Faktoren abhängig, dass es schwer wird, den Faktor Text hier gut herauszuarbeiten.
Interaktion mit dem Text: Verweildauer/Absprungrate auf einer Seite
Text kann nur wirken, wenn er gelesen wird – und das dauert eine gewisse Zeit. Hohe und schnelle Absprungraten zeigen an, dass die Kund*innen die Texte nicht lesen oder nur sehr kurz überfliegen.
Die Ursache dafür sind natürlich vielfältig, aber ein Faktor kann die Relevanz des Contents für die Kund*innen sein: Wenn du relevante Inhalte erstellst, die deinen Besuchern einen Mehrwert bieten, erhöht dies die potenzielle Verweildauer auf der Seite und die Wahrscheinlichkeit einer Conversion.
Retourenquote und Support-Aufwand
Die Zahlen aus dem Service sind die direktesten Anzeiger von guter Content Qualität. Eine geringe Retourenquote zeigt die richtige Kaufentscheidung an und die beruht nicht selten auf dem Produktcontent: Je besser ein Angebot beschrieben ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit eines Fehlkaufs und damit einer Retoure. Im E-Commerce Shop sollte die Beschreibung ein Verkaufsgespräch im Laden ersetzen können.
Die Produktcontentqualität schlägt sich auch unmittelbar im Aufwand für den Support nieder. Guter Produktcontent liefert die wichtigen Informationen, wenn die Beschreibung alle wichtigen Fragen beantwortet, müssen Besucher seltener den Support kontaktieren.
Ein Content Team, das nachweisen kann, dass die Retourenrate und die Support-Anfragen durch seine Arbeit und Textoptimierung gesenkt werden, hat das tragende Argument der Kosteneinsparung auf seiner Seite.
KPIs im Content Team
Product Content KPIs müssen sich nicht auf die Wirkung der Texte beschränken. Ein Content Team kann auch untersuchen, wie die eigenen Arbeitsprozesse und z.B Neuerungen wie der Einsatz von KI oder andere Automatisierung auswirken.
Eine Interpretation der Ergebnisse kann dann in Entscheidungen zur Änderung von Strategien und Prozessen münden, die idealerweise sowohl zu höherer Effizienz als auch zu guter Content Qualität führen können.
Hier einige Ideen für möglichen (Key)-Indikatoren für das Content Team
- Zahl der eingeführten Produkte /Tage bis zur Markteinführung von Produkten
- Time-to-Content: Die durchschnittliche Produktionszeit pro Produktbeschreibung
- Zahl der erstellten/veröffentlichten Produktbeschreibungen in einem bestimmten Zeitraum
- Messung der Produktabdeckung (Wie viele Produkte haben Produktbeschreibungen?)
- Automatisierungsrate
- Aktualisierungszyklen
Content KPIs und Optimierung etablieren
Die Ableitung der KPIs aus Unternehmens- und Kommunikationszielen und die kluge Auswahl der Performance Indikatoren ist nicht ohne Aufwand. Dazu kommt, dass nur eine regelmäßige Analyse und in manchen Fällen eine Überarbeitung dieser KPIs es möglich macht, in den gemessenen Bereichen Verbesserungen zu erzielen. Um gute Ergebnisse zu sehen müssen Messen, Interpretieren und Optimieren etabliert werden.
Auf diese Weise helfen KPIs kontinuierlich sowohl die Qualität des Contents als auch der Arbeit des Content Teams zu bewerten und vor allem den strategischen Beitrag des Teams zum Unternehmenserfolg sichtbar zu machen.
Adela Schneider
Adelas Schwerpunkt bei AX Semantics ist die Konzeption des E-Learnings und die Entwicklung der didaktischen Grundlage von AX- Lehrmaterialien. Seit Jahren erforscht sie intensiv, was einen guten Text ausmacht und wie er entsteht – vor allem im professionellen Bereich. Zudem ist sie fasziniert von den Möglichkeiten und Grenzen generativer AI und denkt über die zukünftige Entwicklung des Schreibens im Kontext neuer Schreibtechnologien nach.